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Gastbeitrag

Die Crowd wird europäisch: Der neue Rechtsrahmen für Crowdfunding - Teil II

03.02.2021 11:23 Die Bestimmungen der neuen 'Crowdfunding-Verordnung' sind ab dem 10. November 2021 anzuwenden. Bereits bestehenden Dienstleistern wird darüber hinaus ein Übergangszeitraum eingeräumt, in dem sie Dienstleistungen im Anwendungsbereich der ECSP-VO weiterhin auf Grundlage der nationalen Rechtsvorschriften erbringen können. Dieser Beitrag bildet den zweiten Teil der Beitragsserie zum neuen EU-Rechtsrahmen für Crowdfunding und beschäftigt sich mit den Anlegerschutzbestimmungen in der Verordnung.
Die Crowd wird europäisch: Der neue Rechtsrahmen für Crowdfunding - Teil II © Stadler Völkel Rechtsanwälte, Collage von CrowdCircus

RA Dr. Oliver Völkel, LL.M., ist Partner bei Stadler Völkel Rechtsanwälte. Lorenz Marek, LL.M. (WU) ist Rechtsanwaltsanwärter bei STADLER VÖLKEL Rechtsanwälte. Die beiden Autoren beraten regelmäßig nationale und internationale Emittenten im Zusammenhang mit Wertpapieremissionen.

STADLER VÖLKEL ist eine Wiener Rechtsanwaltskanzlei mit Tätigkeitsschwerpunkt auf digitale Transformation und neue Technologien. Die Kanzlei ist Pionierin im Bereich des Rechts von Krypto-Assets.

Der erste Teil unserer Beitragsserie zur neuen EU-Crowdfundingverordnung kann hier nachgelesen werden. 


Die EU-Verordnung über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen (ECSP-VO) legt erkennbar ein besonderes Augenmerk auf den Schutz von Anlegern, dem ein eigenes Kapitel gewidmet wird. Zum Zwecke des Anlegerschutzes wird in der ECSP-VO zwischen kundigen und nicht kundigen Anlegern unterschieden, wobei die Anlegerschutzbestimmungen überwiegend auf den Schutz der nicht kundigen Anleger abzielen. Die ECSP-VO versteht unter einem „kundigen“ Anleger eine Person, der die mit einer Investition verbundenen Risiken bewusst sind und die über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um diese Risiken einzugehen. Zur Beurteilung, ob ein Anleger kundig ist, gibt die ECSP-VO bestimmte Kriterien vor:

  • Juristische Personen können dann als kundige Anleger eingestuft werden, wenn sie einen der in der ECSP-VO vorgegebenen Schwellenwerte in Hinblick auf ihre Eigenmittel, ihren Nettoumsatz oder ihre Bilanzsumme überschreiten.

  • Bei natürlichen Personen wird auf deren Bruttojahreseinkünfte, ihr Investment-Portfolio, ihre berufliche Vorerfahrung im Finanzsektor sowie auf ihre bisherigen Investment-Erfahrungen abgestellt, wobei mindestens zwei Kriterien davon für eine Einstufung als kundiger Anleger erfüllt sein müssen.


Anleger müssen eine Einstufung als kundiger Anleger beim Dienstleister beantragen, die anschließend für zwei Jahre gilt.

Anlagebasisinformationsblatt

Die zentralen Bestimmungen über Crowdfunding sind in Österreich im Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) zu finden. Eine wesentliche Erleichterung des Crowdfundings im Vergleich zu herkömmlichen Emissionen besteht darin, dass eine Erstellung und Veröffentlichung eines Kapitalmarktprospekts nicht erforderlich ist. In Österreich werden Projektträger stattdessen dazu verpflichtet, ein Informationsblatt nach dem AltFG zu erstellen. Die Inhalte und Reihenfolge der Darstellung eines Informationsblattes sind in Österreich normiert. Die Vorgaben für ein Anlagebasisinformationsblatt nach der ECSP-VO ähneln der vorgeschriebenen Darstellung in Österreich, wobei die Anforderungen noch umfangreicher sind. Die Kommission wird die Anforderungen an die Darstellung und den Inhalt des Anlagebasisinformationsblattes in einer delegierten Verordnung noch weiter konkretisieren.

Der Projektträger ist verpflichtet, für jedes Crowdfunding-Angebot ein Anlagebasisinformationsblatt zu erstellen, wobei dieses höchstens sechs Seiten umfassen darf. Das Anlagebasisinformationsblatt hat die in der ECSP-VO dargelegten Informationen, einen Haftungsausschluss sowie Warnungen hinsichtlich der mit einer Investition verbundenen Risiken zu enthalten. Während der Angebotsdauer ist das Anlagebasisinformationsblatt auf dem neuesten Stand zu halten.

Ein behördliches Genehmigungsverfahren ist vor der Veröffentlichung des Anlagebasisinformationsblattes nicht vorgesehen. Die Dienstleister haben jedoch ein angemessenes Verfahren zur Überprüfung der Vollständigkeit, Richtigkeit und Klarheit der im Anlagebasisinformationsblatt enthaltenen Angaben einzurichten und anzuwenden. Stellt ein Dienstleister eine Auslassung, einen Fehler oder eine Ungenauigkeit mit potenziell wesentlichen Auswirkungen auf die erwartete Rendite des Anlegers fest, so ist das Anlagebasisinformationsblatt vom Projektträger diesbezüglich zu verbessern. Wird die Verbesserung vom Projektträger nicht unverzüglich durchgeführt, so ist das Angebot vom Dienstleister vorerst auszusetzen bzw. in letzter Konsequenz zu annullieren.   

Geeignetheits- und Verlusttragfähigkeitsprüfung

Bevor Dienstleister nicht kundigen Anlegern uneingeschränkten Zugang zu den Investitionen auf der Plattform gewähren dürfen, haben sie zu überprüfen, welche Dienstleistungen für einen Anleger geeignet sind. Im Zuge dieser Geeignetheitsprüfung werden Anleger in Hinblick auf ihre Erfahrungen, Kenntnisse, Anlageziele, finanzielle Situation sowie ihr Verständnis von den mit einer Investition verbundenen Risiken geprüft. Die Überprüfung ist alle zwei Jahre zu wiederholen.

Zudem haben Dienstleister jedes Jahr einen Verlusteintritt von 10 % des Vermögens eines nicht kundigen Anlegers zu simulieren. Durch diesen 'Stresstest' soll festgestellt werden, ob Anleger fähig wären, mögliche Verluste in einem ausreichenden Maße zu verkraften.

Höchstinvestitionssumme

Jedes Mal bevor ein nicht kundiger Anleger mehr als 1.000 Euro oder 5 % seines Vermögens – je nachdem, welcher Betrag höher ist – anlegt, hat der Dienstleister sicherzustellen, dass der Anleger eine Risikowarnung erhält sowie dass dieser dem Dienstleister eine ausdrückliche Zustimmung erteilt und nachweist, dass er die Investition und deren Risiken versteht.

Vorvertragliche Bedenkzeit

Dienstleister haben nicht kundigen Anlegern eine vorvertragliche Bedenkzeit einzuräumen, während der Anleger ein Angebot oder eine Interessensbekundung ohne Begründung und ohne eine Vertragsstrafe jederzeit widerrufen können. Die Bedenkzeit beträgt vier Kalendertage und beginnt mit der Interessensbekundung eines Anlegers. Anlegern steht zusätzlich ein vierzehntägiges Widerrufsrecht aus dem Fernabsatzgeschäft zu. Dies führt in Zukunft für Dienstleister zur wenig praktikablen Situation, dass sich Anleger auf zwei unterschiedliche Rücktrittsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Rücktrittsfristen berufen können.

Marketingmitteilungen

Alle Marketingmitteilungen eines Dienstleisters müssen als solche erkennbar sein, die für sie geltenden nationalen Rechtsvorschriften beachten, wobei deren Einhaltung überwacht wird. Sie dürfen nicht in unverhältnismäßiger Weise auf einzelne Projekte hinweisen. Zudem müssen die in einer Marketingmitteilung enthaltenen Informationen mit den in einem Anlagebasisinformationsblatt enthaltenen Informationen übereinstimmen.

Zwischenfazit

Die ECSP-VO zielt mit zahlreichen Maßnahmen darauf ab, ein möglichst hohes Schutzniveau für Anleger zu erreichen. Dies ist aus Anlegerschutzperspektive ausdrücklich zu begrüßen und auch wenn dieses Ziel von der ECSP-VO über weite Strecken erreicht wird, schießen einzelne Maßnahmen doch über das Ziel hinaus. So gestaltet sich etwa die periodische Geeignetheitsprüfung sowie die Prüfung der Verlusttragfähigkeit von nicht kundigen Anlegern, insbesondere in Anbetracht der niedrigen Höchstinvestitionssummen, für Dienstleister als bürokratisch und wenig praktikabel. Die Anforderungen an Dienstleister werden durch die ECSP-VO jedenfalls deutlich steigen.

Positiv hervorzuheben ist die in der ECSP-VO getroffene Unterscheidung in kundige und nicht kundige Anleger. Diese an die MIFID angelehnte Kategorisierung schafft ein ausdifferenziertes Schutzniveau für Anleger und erscheint als wichtiger Schritt, um zukünftig vermehrt Investitionen von professionellen Anlegern in den Crowdfundingmarkt zu lenken.
 

Stadler Völkel Rechtsanwälte

Stadler Völkel Rechtsanwälte bietet qualifizierte Beratung in ausgewählten Schwerpunktbereichen des Wirtschafts- & Bankenrechts sowie im Recht von Digital Assets.

Hinweis der CrowdCircus-Redaktion: Bitte beachten Sie, dass dieser Gastbeitrag von "Stadler Völkel Rechtsanwälte" erstellt wurde und von CrowdCircus redaktionell nicht bearbeitet wurde. Die darin wiedergegebenen Meinungen und Ansichten müssen deshalb nicht zwangsweise denen der CROWDCIRCUS GMBH entsprechen. Das Urheberecht ist stets den jeweiligen GastautorInnen zuzuordnen - eine Weiterverbreitung der Inhalte ist ohne ausdrückliche Genehmigung der AutorInnen nicht gestattet.

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